Nießbrauch bei Immobilienübertragungen: Steuerliche Chancen und wirtschaftliche Risiken richtig einschätzen
- ernaigaer
- 10. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Nov.

Immobilienübertragungen innerhalb der Familie sind ein bewährtes Mittel zur Vermögensweitergabe und Steueroptimierung. Häufig fällt dabei der Begriff Nießbrauch – ein juristisches Instrument, das attraktive steuerliche Vorteile bieten kann, gleichzeitig aber auch wirtschaftliche und praktische Einschränkungen mit sich bringt.
In diesem Beitrag erklären wir, wie Nießbrauch funktioniert, wann er sinnvoll eingesetzt werden kann und welche Risiken Sie kennen sollten.
⚖️ Was versteht man unter Nießbrauch?
Der Nießbrauch (genauer: der Vorbehaltsnießbrauch) ist das Recht, eine Sache zu nutzen oder daraus Erträge zu ziehen, ohne deren Eigentümer zu sein. Bei Immobilienübertragungen innerhalb der Familie kommt meist diese Form des Nießbrauchs zur Anwendung.
Das bedeutet: Die Eltern übertragen die Immobilie auf ihre Kinder, behalten sich aber das Recht vor, die Immobilie bei Eigennutz weiterhin zu bewohnen und bei Vermietung diese weiter zu vermieten und die Mieteinnahmen zu behalten. Sie bleiben somit wirtschaftliche Eigentümer, während das zivilrechtliche Eigentum bereits auf die nächste Generation übergeht.

Beispiel: Eltern übertragen eine vermietete Immobilie im Rahmen einer Schenkung an ihre Kinder, behalten aber den Nießbrauch an den Mieteinnahmen. So profitieren sie weiterhin von den Einkünften, während die Immobilie bereits ins Eigentum der Kinder übergeht.
Diese Gestaltung ist beliebt, weil sie sowohl steuerliche Vorteile bietet als auch den Vermögensübergang in geordneten Bahnen regelt.
💰 Steuerliche Vorteile des Nießbrauchs
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der Reduzierung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bei der Bewertung einer Schenkung wird der Wert des Nießbrauchs vom Immobilienwert abgezogen.
Beispiel: Eine Immobilie hat einen Wert von 1 Million Euro. Die Nießbrauchnehmerin (z. B. ein 65-jähriger Elternteil) hat laut statistischer Restlebensdauer von etwa 20 Jahren ein errechnetes Nießbrauchrecht im Wert von rund 300.000 Euro. Dieser Betrag wird vom Immobilienwert abgezogen – der steuerpflichtige Schenkungswert sinkt also auf 700.000 Euro.
Das Ergebnis: deutlich geringere Schenkungsteuer. Zudem entfällt beim Tod des Nießbrauchnehmers eine erneute steuerliche Belastung, die Immobilie wurde ja zivilrechtlich schon übertragen und die Freibeträge der Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer sind nochmal voll anzusetzen, wenn die Schenkung der Immobilie vor mehr als 10 Jahren vor dem Tod des Nießbrauchnehmers erfolgte.
Ein weiterer Vorteil: Eltern dürfen im Falle der Vermietung der Immobilie als Nießbrauchnehmer weiterhin Abschreibungen (AfA) auf die Immobilie geltend machen, da sie wirtschaftliche Eigentümer bleiben. Die Übertragung an die Kinder ist in diesem Fall steuerlich unschädlich.
⚠️ Wirtschaftliche und praktische Nachteile
So vorteilhaft der Nießbrauch in manchen Konstellationen steuerlich sein kann, er bringt auch einige Einschränkungen mit sich.
🔒 Beleihbarkeit der Immobilie
Banken akzeptieren Immobilien mit Nießbrauch oft nicht als Kreditsicherheit. Wenn die beschenkte Generation die Immobilie später beleihen oder für neue Investitionen nutzen möchte, ist das häufig nur eingeschränkt möglich.
🧾 Eingeschränkte Abschreibungsmöglichkeiten
Nach dem Tod der Eltern treten die Kinder bei Immobilienübertragungen im Rahmen der Schenkung steuerlich „in deren Fußstapfen“. Das bedeutet: Es wird kein neues Abschreibungsvolumen geschaffen – vorhandene AfA-Potenziale bleiben begrenzt. Dies kann die steuerliche Attraktivität der Immobilie langfristig mindern.
⚖️ Eingeschränkte wirtschaftliche Flexibilität
Die Immobilie bleibt faktisch „gebunden“. Verkauf, Umbau oder neue Nutzung sind ohne Zustimmung des Nießbrauchnehmers nicht möglich – ein Aspekt, der besonders in komplexeren Familiensituationen berücksichtigt werden sollte.
🔄 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Eine attraktive Alternative zur Übertragung mit Nießbrauch ist der familieninterne Verkauf der Immobilie.
Dabei erwerben die Kinder die Immobilie zu einem marktgerechten Preis, finanzieren den Kauf über ein Bankdarlehen und können:
Zinsaufwendungen steuerlich geltend machen,
die Immobilie vollständig wirtschaftlich nutzen,
und gleichzeitig das Vermögen innerhalb der Familie halten.
Die Eltern erhalten im Gegenzug den Kaufpreis und können diesen zur Altersvorsorge oder Schenkung im Rahmen der Freibeträge verwenden. Oft wird der Kaufpreis teilweise über ein Verkäuferdarlehen finanziert – so sichern sich die Eltern zusätzlich laufende Zinseinnahmen.
Diese Lösung bietet mehr wirtschaftliche Flexibilität, kombiniert mit steuerlicher Steuerbarkeit.
🧭 Fazit
Der Nießbrauch ist ein bewährtes Instrument der steuerlich optimierten Vermögensübertragung innerhalb der Familie. Er kann die Steuerlast in gewissen Konstellationen erheblich senken und ermöglicht eine kontrollierte Übergabe. Allerdings müssen auch die wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile und praktischen Einschränkungen sorgfältig berücksichtigt werden.
Ob Nießbrauch oder familieninterner Verkauf – die optimale Lösung hängt immer von den individuellen Vermögens-, Familien- und Steuerverhältnissen ab.
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